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D.C.S.P. - Artenschutz aktuell

Das Dokumentationszentrum für Artenschutz D.C.S.P. stellt hier aktuelle Artenschutzprobleme vor, welche uns ein besonderes Anliegen sind.


1.) Amphibien in der menschlichen Ernährung

Die menschliche Ernährung können wir aus zwei Blickwinkeln betrachten. Einerseits dient sie zur Hungerstillung und Zuführung lebensnotwendiger Aufbaustoffe - das ist ihre biologische Funktion und trifft auf Menschen und Tiere gleichermaßen zu -, andererseits ist die Ernährung, vor allem in der sogenannten zivilisierten Welt, vielerorts zu einem reinen Gaumenkitzel geworden - das ist jedoch überwiegend ein Privileg des Menschen. Es ist unser gutes Recht, die Nahrung, welche wir zu uns nehmen, schmackhaft zuzubereiten. Fragwürdig ist es jedoch, wenn Lebensmittel verschwendet werden, wenn die Lebensmittelressourcen ein bis zur Ausrottung von Arten führender Raubbau betrieben wird oder wenn die Ernährung mit zum Teil unvorstellbarer Tierquälerei verbunden ist.

Lurche als Nahrungsmittel

Zu allen Zeiten und in allen Erdteilen haben Menschen Froschlurche gegessen - soweit diese in ihrem Lebensraum vorkamen. In manchen Ländern der Dritten Welt haben sie auch heute noch eine Bedeutung als wichtige Eiweisliferanten. Froschlurche sind leicht zu fangen und aufgrund der hohen Reproduktionsraten - vor allem in den Feuchtgebieten der Erde - eine scheinbar unerschöpfliche Nahrungsquelle. In Ländern, wo Hunger für weite Teile der dort lebenden Bevölkerung an der Tagesordnung ist, werden von den Froschlurchen fast alle Körperteile gegessen. Keine einzige Froschart jedoch wurde in solchen Ländern aufgrund dieser traditionellen Ernährung in ihrem Bestand gefährdet oder gar ausgerottet!

Ganz anders sieht die Situation aus, wenn man den Froschkonsum in Europa und in jenen Ländern, welche von Europa aus kolonialisiert wurden, betrachtet. In früheren Jahrhunderten galten die "Froschspeysen" in vielen Ländern Europas als besondere Fastenspeisen. Der Klerus, der Adel und das wohlhabende Bürgertum haben sich seit jeher an den Froschschenkeln delektiert, ein Beweis für den Einfallsreichtum des Menschen, durch den unpopuläre Vorschriften der Kirche in Fastenzeiten umgangen wurden. Da Fleisch an Fasttagen verboten war, wurde der Frosch auf Grund seiner "Kaltblütigkeit" und seiner amphibischen Lebensweise ähnlich wie Fisch von der Kirch zum Verzehr freigegeben. Zwischen einem Duzend bis zwanzig Stück Froschschenkelpaaren waren pro Person anzumessen. Es wurden nur die Schenkel gegessen, der Rest des Tieres war Abfall.

Um an die Froschschenkel heranzukommen, wurden - und werden immer noch - den Fröschen häufig gleich am Fangort die Hinterextremitäten bei lebendigem Leib vom Körper getrennt. Der noch lebende "Abfall" wird meist in das Gewässer zurückgeworfen. Glück hat dieser "Abfall", wenn ein Raubfisch oder Vogel in der Nähe ist und gleich zupackt. Ansonsten erwartet den "Rest" ein langsames, qualvolles Verrecken - und dieses wurde von den meisten "Gourmets" wahrscheinlich noch nie mit angesehen. Diese Tierquälerei geschieht nicht aus Notwendigkeit, sondern rein für einen fragwürdigen "Gaumenkitzel". Früher unter dem Deckmantel der Fastenspeise, ersinnt die "Nouvelle cuisine" heute immer raffiniertere Froschrezepte. In den meisten Kochbüchern, die etwas auf sich halten, sei es als Froschsuppe, paniert, mariniert, gebraten, gekocht oder gedünstet.

Leptodactylus fallax ist auf der Karibikinsel Dominica endemisch. Sinnigerweise deutet schon der englische Vulgärname "mountain chicken" darauf hin, daß die Art gegessen wird. Diese wohl größte Leptodactylusart ist auf Grund der zügellosen Naturentnahme, insbe- sondere für die Restaurants der nahegelegenen Insel Guadeloupe (Frankreich), schon extrem gefährdet und sollte unter den Schutz von CITES gestellt werden.

Art

Lokal gegessen in

Exportiert nach

Population

 

(Leptodactylidae)
Caudiverbera caudiverbera Mittelamerika - -
Leptodactylus fallax Dominica Guadeloupe sehr gefährdet
L. pentadactylus Südamerika - -

 

(Ranidae)
Conraua goliath Äquatorialguinea, Kamerun, Gabun - gefährdet
Discodeles guppyi Asien - -
Euphlyctis hexadactylus Bangladesch, Indien Europa, Amerika gefährdet
E. cyanophlyctis Bangladesch, Indien Europa, Amerika gefährdet
Hoplobatrachus tigerinus Bangladesch, Indien Europa, Amerika gefährdet
Limnonectes concrivorus Indonesien, Malaysia, Phillippinen Europa, Amerika angegriffen
L. blythii Indonesien, Malaysia Europa, Amerika angegriffen
L. grunniens Indonesien Europa, Amerika -
L. ibanorum Indonesien Europa, Amerika angegriffen
L. ingeri Indonesien, Malaysia Europa, Amerika gefährdet
L. kuhlii Indonesien Europa, Amerika angegriffen
L.limnocharis Thailand, Philippinen, Bangladesch, Indien, Indonesien Europa, Amerika angegriffen
L. macrodon Indonesien Europa, Amerika gefährdet
L. paramacrodon Indonesien Europa, Amerika gefährdet
L. raja Südostasien - -
Paa boulengeri China - -
P. liebigii Südasien - -
P. spinosa Südasien - -
P. sternosignata Südasien - -
Pyxicephalus adspersus Afrika - -
Rana andersonii Südostasien - -
R. arfaki Indonesien Europa, Amerika -
R. arvalis Europa - gefährdet
R. catesbeiana USA, Indonesien Europa angegriffen
R. crassia * Indien Europa, Amerika gefährdet
R. dalmatina Europa Europa, Amerika gefährdet
R. erythraea Südostasien - -
R. esculenta Europa Europa, Amerika gefährdet
R. glandulosa Südostasien - -
R. grisea Neu Guinea - -
R. hosii Südostasien - -
R. jimiensis Neu Guinea - -
R. lessonae Europa Europa, Amerika gefährdet
R. livida Südasien - -
R. magna * Indonesien, Philippinen Europa, Amerika -
R. malesiana * Indonesien Europa, Amerika angegriffen
R. miopus Südostasien - -
R. modesta * Indonesien Europa, Amerika -
R. nigromaculata China Europa, Amerika, Asien gefährdet
R. nitida * Südostasien - -
R. oatesii Burma - -
R. papua Neu Guinea - -
R. perezi Südwest Europa - gefährdet
R. ridibunda Europa Europa, Amerika Südostasien
R. rugulosa * Malaysia Europa, Amerika angegriffen
R. saharica Nord Afrika - -
R. temporaria Europa Europa, Amerika gefährdet

 

 

Jahr Türkei Indien Bangladesch Bangladesch Schweiz Andere
1973 103 628 1509 - - 38
1974 36 440 830 - - 41
1975 170 521 1024 60 - 139
1976 171 1502 963 30 - 109
1977 190 1369 1306 172 - 114
1978 212 1451 1289 153 - 52
1979 141 1756 1927 151 70 68
1980 126 1761 1635 259 218 47
1981 256 1760 1935 207 226 132
1982 155 1145 902 168 170 88
1983 253 1020 2111 594 130 114
1984 147 723 1638 152 40 43
1985 272 384 2105 161 65 49
1986 279 208 2659 72 29 157
1987 165 8 2303 60 45 450
Total 2594 14576 24136 2239 993 1641

 

Jahr Indien Bangladesch Indonesien
(Angaben in Tonnen)
1963 514 - -
1964 332 - -
1965 44 - -
1966 557 - -
1967 786 - -
1968 425 - -
1969 854 - -
1970 2545 - -
1971 1451 - -
1972 1823 - -
1973 2698 - -
1974 1454 - -
1975 1317 - -
1976 3170 - -
1977 2834 372 -
1978 3570 1184 -
1979 3764 987 -
1980 3095 675 1517
1981 4368 1204 1612
1982 2271 (IX 81 - IX 82) 3498 2776
1983 3658 (IX 82 - IX 83) 2587 3262
1984 2834 (IX 83 - IX 84) 2511 2140
1985 2778 1948 2718
1986 680 2471 3690
1987 - 2512 3004

 

Importe von Fröschen in die Schweiz
(Angaben in Tonnen)
Jahr Lebende Frösche Froschschenkel
1983 152,5 199,6
1984 160,9 166,6
1985 100,8 143,6
1986 113,3 134,2
1987 127,0 166,0
1988 121,2 170,8
1989 107,8 137,5
1990 124,0 135,2
1991 93,3 137,8
1992 81,9 156,9
1993 keine Angaben keine Angaben
1994 84,3 141,0
1995 67,8 151,0

 

Tabelle ganz oben: Besonders verwerflich und quälend ist der Lebendtransport der Frösche. Es ist eine Schande für die Schweiz.

Tabelle oben: Aus den drei Hauptexportländern Indien, Bangladesch, und Indonesien in den letzten Jahren in alle "Kulturstaaten" exportierte Mengen von tiefgefrorenen Froschschenkeln.

 

Da der Lebensraumverlust für die Froschlurchpopulationen in Europa dramatisch ist - die meisten Feuchtgebiete Europas sind heute trockengelegt - und Amphibien in den meisten europäischen Ländern ohnehin unter Schutz stehen, wird der enorme Bedarf an Froschschenkeln vorwiegend aus dem asiatischen Raum gedeckt. Tonnenweise werden die Tiere täglich der Natur entnommen, damit die europäischen und amerikanischen Köche ihre ohnehin satte und durch Zivilisationskrankheiten bedrohte Klientel ver-wöhnen können.
Tatsache ist, daß der maßlose Raubbau an asiatischen Raniden die Populationen vielerorts drastisch dezimiert hat. Jeder, der in Europa, den USA und in all den Ländern der westlichen Welt Froschschenkel konsumiert, sollte daher bedenken, daß er damit
  • den Hunger der meist ohnehin hungernden Bevölkerung in den Ursprungsländern noch größer macht
  • einer extremen Tierquälerei Vorschub leistet
  • die wegen des Fehlens des Insekten-Prädators Frosch zum Teil schon explosions-artige Vermehrung von "Schadinsekten" und damit auch die Produktion und Ausbringung von gefährlichen Umweltgiften fördert, und
  • die Ausrottung von Arten fördert.

Der Handel mit Froschschenkeln ist ein gutes Geschäft

Die erschreckenden statistischen Zahlen aus den angeführten Tabellen können dem Leser helfen, die bisherigen Ausführungen zu verstehen und einzusehen, daß es sich hierbei keinesfalls nur um subjektive Empfindungen einiger Naturschützer handelt. Zum besseren Verständnis der Problematik ist angegeben, wo die Froschart lokal - meist als wichtiger Eiweißliferant - genutzt wird und wohin die Art exportiert wird. Gegen den lokalen Konsum von Lurchen kann in den meisten Fällen kaum ein Einwand erhoben werden, geht ja die Bedrohung der Arten - wie bereits betont - nicht von diesem aus. Die Liste erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, es sind jedoch die meisten für den Export wichtigen Arten angeführt, insbesondere auch jene, welche in Folge des Raubbaues schon gefährdet sind.

Betrachtet manexportierten 3004 Tonnen Froschsxhebkel, so mußten dafür zwischen die von Indonesien 1987 60 und 82 Millionen dort vorkommende Frösche ihr Leben lassen. Diese Menge wurde in mindestens fünf Millionen Portionen in europäischen und amerikanischen Feinschmeckerlokalen verzehrt. Und das in einem einzigen Jahr, und es wurden nur die Frösche aus Indonesien gezählt. Derzeit (1998) werden etwa 200 Millionen Froschschenkelpaare lährlich konsumiert.

Wie aus den Tabellen ersichtlich, begann der Export aus Bangladesch und Indonesien erst einzusetzen, als die Arten Euphlyctis hexadactylus und Hoplobatrachus tigerinus in den Anhang II (zweithöchster Schutzstatus) von CITES (Trade in Endangered Species of wild fauna and flora) aufgenommen Convention of International wurden. Der Handel wich sofort auf andere asiatische Raniden aus. Hauptabnehmer bzw. Hauptkonsumländer von Froschschenkeln sind die USA, Belgien, Holland und vor allem Frankreich. In allen anderen europäischen Staaten und in Australien werden ebenfalls Froschschenkelgerichte in den Restaurants angeboten, wenngleich nicht in so starkem Maße, wie in den vier oben genannten. In den letzten Jahren sind es in verstärktem Maße die vielen Chinarestaurants, welche solche Spezialitäten anbieten.

Es fällt dabei auf, daß die Schweiz am Handel als ein Nichtursprungsland kräftig mitnascht. Verständlich wird dies, wenn man sich die Importzahlen der Schweiz ansieht. Nicht nur Froschschenkel in tiefgefrorenem Zustand werden von der Schweiz importiert, sondern auch lebende Frösche zum Zwecke des Verzehrs.Ein Großteil der importierten Frösche wird wieder exportiert.

Die Tabellen machen deutlich, warum die Vertreter der Schweiz und mancher anderen Länder sich bei verschiedenen Artenschutzkonferenzen so vehement gegen die Unterschutzstellung von Froschlurchen wehren. Das Geschäft steht auch hier vor dem Artenschutz. Wie paradox vieles in unserer Gesellschaft ist, zeigt die Tatsache, daß in den meisten europäischen Ländern - auch on jenen, die zu den Hauptabnehmern der Frösche zählen - die meisten oder sogar alle dort lebenden Amphibienarten unter Schutz stehen und als gefährdet bis stark gefährdet gelten. Eine massive Entnahme von Tieren aus der Natur wäre hier undenkbar. Keinesfalls undenkbar ist jedoch die Einfuhr von unvorstellbaren Mengen von Fröschen aus der Dritten Welt im Stil der jahrhundertealten kolonialen Ausbeutung ...

Wenn es nicht gelingt, den Froschhandel einzudämmen, werden in vielen Ländern, vor allem in Asien, in kurzer Zeit ganze Populationen ausgerottet sein und das ökologische Gleichgewicht nachhaltig gestört werden. In vielen jetzt schon weitgehend "entfroschten" Gebieten ist dies bereits traurige Realität.

D.C.S.P. empfiehlt dringend den CITES-Mitgliedsstaaten alle in obiger Liste angeführten Arten, welche gefährtdet oder angeriffen sind und die auch gehandelt werden, in den Anhang II von CITES raschest aufzunehmen.

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